Erworbene Rechte

Mitarbeitende erhalten häufig Gegenstände zur Nutzung von ihrem Arbeitgeber. Man denke an ein Firmenfahrzeug, ein (mitvertragliches) Mobiltelefon oder einen Laptop. Mitunter sind damit Bedingungen verbunden. Der Mitarbeitende muss aktiv im Dienst sein, also nicht krankgeschrieben oder suspendiert. Oder die Nutzung ist an bestimmte Tätigkeiten gekoppelt. Dann stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber diese Gegenstände wieder einziehen darf. Es kann nämlich sein, dass der Mitarbeitende ein tatsächliches Recht auf die Nutzung erhalten hat.

Sekundäre Arbeitsbedingungen

Es kann sein, dass die Nutzung von Telefon oder Laptop ausdrücklich im Arbeitsvertrag geregelt ist. Dann handelt es sich um eine sekundäre Arbeitsbedingung und der Arbeitgeber kann dies nicht ohne Weiteres ändern. Die Nutzung des Telefons oder Laptops ist dann quasi Teil der Vergütung des Mitarbeitenden geworden. Was die Parteien miteinander vereinbart haben, gilt für sie wie ein Gesetz.

Konkludente Vereinbarung

Mitunter ist nichts ausdrücklich vereinbart. Der Arbeitgeber stellt die Gegenstände einfach zur Verfügung, ohne dass dazu weitere Absprachen getroffen wurden. Hierzu gibt es leider keine klaren Regeln. Der Oberste Gerichtshof hat allgemein umrissen, welche Aspekte das Gericht bei der Beurteilung berücksichtigen muss:

  • den Inhalt der bisherigen Handhabung;

  • die Art des Arbeitsverhältnisses und die Position, die Arbeitgeber und Mitarbeitende zueinander einnehmen;

  • die Dauer des Zeitraums, in dem der Arbeitgeber diese Praxis verfolgt hat;

  • was Arbeitgeber und Mitarbeitende in Bezug auf diese Handhabung erklärt oder gerade nicht erklärt haben;

  • die Art und das Ausmaß der Vor- und Nachteile, die sich für Arbeitgeber und Mitarbeitende aus der Praxis ergeben, und

  • die Art und den Umfang des Mitarbeiterkreises, auf den diese Praxis angewandt wurde.

Gewohnheitsmäßige Nutzung

In der unterinstanzlichen Rechtsprechung zeigt sich, dass Gerichte insbesondere darauf achten, was genau zur Verfügung gestellt wurde, wie lange dies schon so gehandhabt wird und zu welchem Zweck. Wenn der Mitarbeitende zum Beispiel über längere Zeit ein Fahrzeug auch für private Zwecke nutzen durfte, neigt das Gericht eher dazu, dies als sekundäre Arbeitsbedingung, also als erworbenes Recht, zu betrachten. Ein Beispiel hierfür ist ein Urteil des Arbeitsgerichts in Utrecht. Der Arbeitgeber verlangte das Fahrzeug zurück, weil der Mitarbeitende krank war. In dem anwendbaren Tarifvertrag stand, dass das Fahrzeug zurückzugeben sei, „wenn es nicht mehr dienstlich benötigt werde oder der Arbeitgeber dies verlange“. Dennoch entschied das Gericht, dass es sich um eine gewohnheitsmäßige Nutzung handelte und der Arbeitgeber keine klaren Vereinbarungen über die Nutzung getroffen hatte. Daher war unter anderem die Nutzung des Fahrzeugs zu einem erworbenen Recht geworden.

Einseitige Änderung

Daraus folgt, dass es nicht einfach ist, Gegenstände von Mitarbeitenden zurückzufordern, wenn dazu nicht sehr klare und ausdrückliche Vereinbarungen getroffen wurden. „Dass es nirgendwo geschrieben steht, dass der Mitarbeitende ein Recht darauf hat“, wirkt eher zugunsten des Mitarbeitenden als zu dessen Nachteil. Das gibt Anlass, auch über viele andere Regelungen nachzudenken: Wenn von einer gewohnheitsmäßigen Nutzung die Rede ist, kann der Arbeitgeber diese nicht ohne Weiteres ändern.

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Rechtsprechung WTP (“Lotsen und Umstellung”)