Ein Schlupfloch, um einer Pflichtmitgliedschaft in der Pensionskasse zu entgehen
Es handelt sich um zwei Urteile des Berufungsgerichts Den Bosch, beide vom 16. Juli 2024, mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen. In beiden Fällen ging es um die Frage, ob das branchenspezifische Pensionsfonds Mode-, Interieur-, Teppich- und Textilindustrie (𝐁𝐩𝐟. 𝐌𝐈𝐓𝐓) auf das Unternehmen anwendbar war. Es handelte sich um ein Unternehmen für Werbeartikel und einen Großhandel für Reinigungsprodukte (einschließlich Verkauf von Arbeitskleidung mit Firmenlogo).
Im Pflichtmitgliedschaftsbeschluss ist kein „Hauptgeschäftskriterium“ enthalten. Der Umfang der Tätigkeiten, die unter den Anwendungsbereich fallen, spielt demnach keine Rolle. Aufgrund dessen fielen beide Unternehmen unter das Bpf. MITT.
Beide Unternehmen vertreten anschließend die Ansicht, dass es nach Maßstäben von Billigkeit und Angemessenheit unzumutbar sei, dass sich das Bpf. MITT auf die Pflichtmitgliedschaft (Art. 6:2 Abs. 2 BW) beruft.
Das Gericht wies den Einwand des Unternehmens für Werbeartikel u.a. ab, weil das Unternehmen keine Pensionsregelung hat und in der Lage ist, die Beiträge zu zahlen.
Am selben Tag gab das Gericht dem Einwand nach Art. 6:2 Abs. 2 BW des Großhandels für Reinigungsprodukte statt. Das Gericht hielt es insbesondere für wichtig, dass die Anbringung der Firmenlogos eine (sehr) geringe Tätigkeit im Verhältnis zum übrigen Unternehmen darstellt, in dem 40.000 Produkte verkauft werden (die nichts mit Textilien zu tun haben). Weitere relevante Umstände sind: der sehr geringe Beitrag zum Gesamtumsatz (0,93 % im Jahr 2021); die geringe Anzahl der Beschäftigten, die sich mit der Tätigkeit beschäftigten (6 von 90); die Wettbewerbssituation des Unternehmens; sowie dass das Unternehmen eine eigene (mehr oder weniger gleichwertige) Pensionsregelung hat.
Fazit: Ein Unternehmen fällt schnell unter eine branchenspezifische Pensionsregelung, wenn diese kein „Hauptgeschäftskriterium“ enthält. In Ausnahmefällen ist es möglich, dieser Pflichtmitgliedschaft zu entgehen, wenn die Anwendung der Pensionsregelung nach Maßstäben von Billigkeit und Angemessenheit unzumutbar wäre. Dabei sind unter anderem relevant: der Umfang der Tätigkeiten, die unter den Anwendungsbereich fallen (bezogen auf Umsatz/Produkte/Vollzeitäquivalente), ob das Unternehmen eine eigene (günstigere) Pensionsregelung hat und welche (finanziellen/unternehmenwirtschaftlichen) Folgen die Anwendung der Pflichtmitgliedschaft hätte.